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Historisches – die minderbemittelte Bevölkerung

Bezahlbarer Wohnraum in München ist ewiges Thema, wie dieser Artikel aus einem Buch von 1912 zeigt:

Die Errichtung von Kleinwohnungsbauten für die minderbemittelte Bevölkerung ist in München erst in den letztverflossenen Jahren zu einer ausgesprochenen Entwicklung gelangt. Sozialpolitisch tätige Kreise haben zwar schon vor geraumer Zeit auf das besondere Bedürfnis von Kleinwohnungen für die minderbemittelte Bevölkerung hingewiesen, aber erst großzügig durchgeführte Erhebungen der Stadtgemeinde haben den Beweis für die Notwendigkeit von Kleinwohnungsbauten erbracht. 

Die durchschnittliche Wohnungsbesetzung für die Gesamtheit der Wohnungen betrug 3,9 Personen, der durchschnitliche Mietpreis für einen Raum pro Monat betrug M. 9.8.

Wohnhausgruppe

Die Gelegenheit zur Erlangung einer kleineren Wohnung für die minderbemittelte Klasse verringerte sich im Laufe der letzten zwanzig Jahre auch dadurch, daß die für die minderbemittelte Bevölkerung so außerordentlich wertvollen Herbergen in rascher Abnahme begriffen sind, weil manche Stadtteile ihren Charakter hinsichtlich der sich dort ansiedelnden Bevölkerungsklasse ganz verändern und die früher dort vorhandenen Herbergen großen Miethäusern Platz machten, oder weil solche Herbergen notwendigen Straßenregulierungen weichen mußten.

Schwierig gestalteten sich auch die Verhältnisse infolge einer allgemeinen Steigerung der Wohnungspreise: Während drei Zimmer mit Zubehör im Jahre 1905 beispielsweise noch um M. 480 pro Jahr zu haben waren, mußte schon im Jahre 1909 für denselben Umfang ein Betrag von M. 600 in älteren und M. 660 in neueren Häusern als Mindestmietpreis angelegt werden. 

Die Terrain-Aktiengesellschaft Bavaria ließ in den Jahren 1910/11 durch das Baugeschäft Heilmann & Littmann an der Valleystraße und ihren Seitenstraßen insgesamt 40 Wohnhausneubauten aufführen. Der Baublock enthält hauptsächlich Kleinwohnungen mit 2 bis 3 Wohnräumen und Küche. Für die Wohnungen jedes Stockwerks wurde ein gemeinschaftliches Bad angeordnet, was sich sehr bewährt hat.

Die Ausstattung ist einfach, aber solid: Parkettböden, Doppelfenster und Rollläden. Die Fassade ist in Kalkmörtel ausgeführt und durch Giebel, Erker, Loggien und Balkone belebt. Durch die großen Durchfahrten gewinnt man von der Straße aus einen Einblick in den Hof mit den gärtnerischen Anlagen.

Quelle: München und seine Bauten, herausgegeben vom Bayerischen Architekten- und Ingenieur Verein, München 1912

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